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Dieser Ausschnitt einer Karte von 1938 zeigt die Straßenzüge an der Großen Frankfurter Straße, wie sie auch noch zu Baubeginn der Stalinallee angelegt waren. Die U-Bahnhöfe Strausberger Platz, Memeler Straße (später Marchlewskistraße, heute Weberwiese) und Petersburger Straße (später Frankfurter Tor) befinden sich im Baubereich der Stalinallee.
Eine bemerkenswerte Straße war die Fruchtstraße, die später in “Straße der Pariser Kommune umbenannt wurde. Die Straße begann an der Allee, gegenüber vom “Haus Budapest” und Café Warschau” mit dem Ostflügel des Blocks C-Süd. Im ersten Abschnitt standen noch die typischen Berliner Mietskasernen mit Hinterhöfen und Stallungen. Diese Gebäude waren, besonders auf der östlichen Seite, durch den Krieg stark beschädigt, zum Teil auch nicht mehr bewohnt. Am Küstriner Platz, zwischen Rüdersdorfer Straße und Am Wriezener Bahnhof befand sich von 1867 bis 1882 der Ostbahnhof, ganz in der Nähe des 1842 eröffneten Frankfurter Bahnhofs. Beide Bahnhöfe waren als Kopfbahnhöfe konzipiert. Mit dem Bau der Stadtbahn wurde der Frankfurter Bahnhof zum Durchgangsbahnhof um- und ausgebaut. Immer mehr wurde auch der Verkehr des Ostbahnhofs vom nun seit 1881 umbenannten Schlesischen Bahnhof übernommen. Damit verlor der Ostbahnhof an Bedeutung und wurde schließlich 1882 still gelegt. Nach Jahren wechselhafter Nutzung wurde das Gebäude vom Betreiber des Varietés Scala erworben. Dieser baute die 188 m lange und 38 m breite Bahnhofshalle in einen Theatersaal für knapp 3.000 Besucher um. Die Idee war es, Varieté-Unterhaltung auch dem einfachen Arbeiter zu ermöglichen. Mit der Eröffnung am 1. Februar 1929 kamen so die in der “Scala” abgelaufenen Programme im neuen Varieté “Plaza” zur Aufführung. Das Jahr 1929 war aber auch das Jahr der Weltwirtschaftskriese, die am Varieté nicht vorbei ging. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten änderte sich auch zunehmend der Charakter des “Plaza”. Ab 1935 wurde es von der Organisation “Kraft durch Freude (KdF) als Großvarieté genutzt. 1944 wurde der Theaterbetrieb eingestellt und im April 1945 wurde das Haus stark beschädigt. Im strengen Winter 1947 fand das Haus noch einmal als Notunterkunft für Hilfsbedürftige Verwendung. 1952 wurde der ehemalige Bahnhof abgerissen und zunächst das Heizkraftwerk Rüdersdorfer Straße errichtet, das vor allem die Bauten in der Stalinallee mit Fernwärme versorgen sollte. Als Anfang der 1970er Jahre die alten, stark beschädigten Mietskasernen der Fruchtstraße, wie auch das Viertel um den Ostbahnhof mit Friedrichsfelder Straße und Am Wriezener Bahnhof, die ähnlich aussahen abgerissen wurden und an ihrer Stelle 11-geschossige Plattenbauten entstanden, wurde neben dem Heizkraftwerk das Verlags- und Druckereigebäude des “Neuen Deutschland” gebaut. Gleichzeitig wird der Platz in “Franz-Mehring-Platz” umbenannt.
Bundesarchiv Bild 102-05772 Foto: Pahl; Georg April 1928
Postkarte um 1900 vom Küstriner Platz mit Blick auf die Empfangshalle des Ostbahnhofs.
Bundesarchiv Bild 119-1577 Foto: o. Ang. 1919
Was man vergaß war die Infrastruktur. Die neuen Wohnungen wurden hauptsächlich von jungen Familien mit Kindern bezogen. Damit waren die vorhandenen Verkaufseinrichtungen ebenso überlastet wie die zuständige Schule. Durch den relativ späten Bau einer Kaufhalle und zweier Schulen wurde die Situation allmählich entschärft An das Varieté “Plaza” erinnerte nur noch ein gleichnamiges Kino auf der anderen Straßenseite. Nach dessen Abriss erhielt ein Café im gegenüber errichteten Hochhaus den Namen.
Postkarte von 1939: Schlesischer Bahnhof (Südseite)
Bundesarchiv Bild 183-G1122-0600-105 Foto: o. Ang. 1950
Bundesarchiv Bild 183-08770-0004 Foto: Kümpfel. 1950
Bundesarchiv Bild 183-11500-0007 Foto: Sturm, Horst. 1951
Bundesarchiv Bild 183-1987-0616-514 Foto: o. Ang. 1931
Ich besuchte damals die 5. Polytechnische Oberschule Friedrichshain, später Oleg-Koschewoi-Oberschule in der Rüdersdorfer Straße (Bild links). Zu jenem Zeitpunkt waren wir bis zu 35 Schüler in einer Klasse. Eine neue Schule (21. POS) entstand ganz in der Nähe, was der Schule den Schulgarten und dem Block C-Süd seinen Garagenkomplex und einen Teil der Grünanlage kostete. Aber erst ein weiterer Neubau (22. POS) unweit des Hochhauses an der Weberwiese konnte wieder normale Verhältnisse herstellen. Die Schule in der Rüdersdorfer Straße gibt es noch heute. Sie hat jetzt den Namen Ellen-Key-Oberschule. Die 22. POS wurde bereits wieder abgerissen
Spartakusaufstand / Januaraufstand.- Regierungstreue Soldaten mit Maschinen- gewehren (MG 08/15) auf dem Dach des Bahnhofs
Nachtrag: Kürzlich las ich durch Zufall unter “Wikipedia”, dass die Schule nach einer Romanfigur von .Alexander Fadejew benannt worden sei. Das ist so nicht ganz richtig. Oleg Koschewoi war als 16 jähriger Komsomolze Mitglied in der Partisanengruppe Soja Kosmodemjanskajas, Diese kämpften in der Stadt Krasnodon gegen die deutschen Besatzer. Dabei kamen fast alle ums Leben Die Leiche Oleg Koschewois wurde 1943 verstümmelt gefunden. Die Ereignisse verarbeitete A. Fadejew (1901 - 1956) dann in dem 1945 erschienenen Roman “Die junge Garde”. Leider weiß ich nicht mehr wann die Schule den Namen “Oleg Koschewoi” erhielt, wohl aber, dass dessen Mutter dazu anwesend war.
Am 1. August 1951 wird eine O-Bus-Linie in Betrieb genommen. Sie verkehrt zwischen Ostbahnhof und Robert-Koch-Platz. 1965 kommen noch Skoda-Busse dazu (nteres Bild) Die Busse fahren bis in die 1970er Jahre, bis sie von einer neuen Generation abgelöst werden. So lange färt der Bustyp im oberen Bild mit Anhänger als O30 und der Skoda als O40. Beide haben das selbe Ziel. Der Unterschied O30 fährt über Lichtenberg und benötigt zwischen den beiden Haltestellen wesentlich mehr Zeit.
Geht man nun die ehemalige Fruchtstraße weiter in südlicher Richtung kommt man zum heutigen Ostbahnhof. Auch dieser Bahnhof hat eine lange Geschichte. 1842 entstand hier ein Kopfbahnhof, der für den Verkehr von und zu den ehemaligen deutschen Gebieten im Osten vorgesehen war. Da auf dieser Strecke Frankfurt (Oder) als auf dieser Strecke östlichste deutsche Stadt eine nicht unbedeutende Rolle spielte erhielt er den Namen “Frankfurter Bahnhof”. Der zunehmende Fernverkehr machte eine kontinuierliche Erweiterung der Bahnhofsanlagen notwendig. Mit Bau der Stadtbahn wurde er dann zum Durchgangsbahnhof. Die damit verbundene Kapazität ermöglichte es, den Verkehr vom nur 400 m entfernten Ostbahnhof mit zu übernehmen. Ein weiterer Betrieb des Ostbahnhofs wurde damit unwirtschaftlich und so wurde er 1882, nach nur 18 Jahren Betriebszeit geschlossen. Die Gleisanlagen an der Bromberger Straße (heute “Helsingforser Straße”) wurden nur noch für den Güterverkehr genutzt. Der neue, modern umgebaute Durchgangsbahnhof erhielt bereits 1881 den Namen “Schlesischer Bahnhof”, der auch heute noch ein Begriff ist. Im 1. wie auch im 2. Weltkrieg gingen von hier aus die Truppentransporte in Richtung Osten.
1950, fünf Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges wurde auch der Sclesische Bahnhof in die geschichtliche Korrektur einbezogen und erhielt für die nächsten 37 Jahre den Namen “Ostbahnhof”. Neben den Bahnhöfen Lichtenberg und Schöneweide spielte er eine bedeutende Rolle im Personen-Nah- und Fernverkehr Ostberlins. Er war hier nicht nur der größte sondern auch der zentralste Fernbahnhof. Legendär geradezu war die durch den Bahnhof verlaufende Ladenstraße. 1987 wurde der gesamte Bahnof umgestaltet und erhielt eine neue, moderne Empfangshalle. Damit lag der Haupteingang allerdings wieder in Richtung Mauer, die sich vom Ostbahnhof nur wenige Meter entfernt mit dem Lauf der Spree befand. Der seit 15. Dezember 1987 neue Name “Berlin-Hauptbahnhof” war, zumindest logistisch, nicht korrekt, da der Bahnhof Lichtenberg ein deutlich höheres Vekehrsaufkommen verzeichnete. Nach der politischen Wende 1991 gab es hier den symbolischen Zusammenschluss von Reichs- und Bundesbahn. 1994 fuhren für die Deutsche Reichsbahn eine 18 201, die damals schnellste Dampflok der Welt und für die Deutsche Bundesbahn ein ICE-Triebwagenkof aufeinander zu und wurden zusammengekoppelt. Damit war die Deutsche Bahn AG gegründet. Von 1995 bis 1998 wurde der Bahnhof aufwändig um- und ausgebaut sowie seine Umgebung neu gestaltet. Am 24. Mai 1998 erhielt er seinen Namen “Ostbahnhof” zurück. Er ist heute der älteste, noch in Betrieb befindliche Bahnhof Deutschlands
Bundesarchiv Bild 183-J00861 Foto: o. Ang. 1937
März 1950: Blick auf den Schlesischen Bahnhof und den Stralauer Platz
Neue Skoda-Obusse im Strassenbild der Hauptstadt. Seit Ende Januar 1965 befahren die Linie 40, vom Ostbahnhof zum Robert-Koch-Platz sechs neue Skoda-Obusse aus der CSSR. (Auf unserem Bild in der Karl-Marx-Allee, Ecke Fruchtstrasse). Die komfortablen Fahrzeuge sind mit 24 hellblauen Schaumgummisitzen ausgerüstet und bieten außerdem für 70 Fahrgäste Stehplätze. Im Heckteil der Busse ist Platz für mehrere Kinderwagen.
Januar 1957 Zum Jahreswechsel überraschte die bisher wenig repräsentative Vorhalle des Berliner Ostbahnhofes die Reisenden mit einem neuen hellen und freundlichen Gewand.
Bundesarchiv Bild 183-D0202-0007-001 Foto: Spremberg 1965
Bundesarchiv Bild 183-24025-0003 Foto: Funck, Heinz. 1954
29.11.50 Neue Bahnhofsnamen. Am 1. Dezember dieses Jahres werden der Schlesische Bahnhof in Berlin-Ostbahnhof und der Stettiner Bahnhof in Berlin-Nordbahnhof umbenannt
Ein Bahnhof als Vergnügungsstätte! Der schon längere Zeit ausser Betrieb gesetzte Ostbahnhof in Berlin soll in eine Vergnügungs- stätte umgewandelt werden. Geplant ist die Errichtung eines Varietes, welches 3.500 Personen fassen soll. (Originaltext)
Kleine Geschäfte bestimmen das Bild der Madaistraße am Schlesischen Bahnhof 1931 Die Madaistraße wurde 1962 in “Erich-Steinfurth-Straße umbenannt und verläuft parallel zur Nordseite des Bahnhofs
1937: Blick in die neuerbaute Halle des Schlesischen Bahnhofs
Bundesarchiv Bild 183-43555-0003 Foto: Weiss. 1958
Umbau 1985 Die Haupthalle des Empfangsgebäudes des Ostbahnhofs - hier die alte Ansicht - wurde am 1.8.85 gesprengt. Damit nahmen die Arbeiten zur Erweiterung und zum Umbau des 143 Jahren alten Bauwerkes ihren Fortgang. Mit der Montage des neuen Empfangsgebäudes soll im Oktober dieses Jahres begonnen werden.Nach der Sprengung eines Teiles der Empfangshalle haben die Bauarbeiten begonnen. Deutlich sichtbar sind jetzt die Mauern des ehemaligen Schlesischen Bahnhofes. Nach der Zerstörung im II.Weltkrieg wurde 1950 der heutige Ostbahnhof übergeben
Blick auf das neu erbaute CENTRUM-Warenhaus am Ostbahnhof. Dahinter das Gebiet zwischen Koppenstraße (links) und Straße der Pariser Kommune (rechts).
Bundesarchiv Bild 183-1985-0620-022 Foto: Settnik, Bernd. 1985
Bundesarchiv Bild 183-Z0609-022 Foto: Kasper, Jan Peter 1981
Bundesarchiv Bild 183-1985-0902-024 Foto:Settnik, Bernd 2.8.1995
Natürlich gab es in der Fruchtstraße auch, wie überall, Menschen und Einrichtungen, die einfach dazu gehören. Da war zum Beispiel das Farbenhaus Rohde, dessen Laden an den Ostflügel von C-Süd anschloss. Oder, nur wenige Schritte weiter, der Optiker Werner Lenz, der auch als Schriftsteller und Maler einen Namen hatte. Von ihm stammen u. a. die Geschichten aus dem Berliner Leben in seinem Buch “Strohhut-Emil” (1972), die rund um die Allee spielen. Der Fotograf Fritz Tiedemann fotografierte am 27. März 1952 im Auftrag des Berliner Magistrats die Bebauung der Fruchtstraße von der Stalinallee bis zur Langestraße. Dabei sollte der zustand der Bausubstanz festgehalten werden und Grundlage für die Entscheidung zur Sanierung oder Abriss bilden. Durch Zufall stieß der Fotograf Arwed Messmer auf die gut erhaltenen Großplattennegative, Er bereitete die 32 Bilder der westlichen Straßenseite auf und und zeigte sie zunächst 2009 in einer Ausstellung in der Berlinischen Galerie. 2012 veröffentlichte er gemeinsam mit der Schriftstellerin Annett Gröschner die Fotodokumentation “Berlin, Fruchtstraße am 27. März 1952”. Damit entstand ein einzigartiges Zeitdokument dieser Straße. Von 1735 bis 1801 hieß die Straße “Bullen-Winkel”. Daraus wurde bis 1820 “Bullen-Gasse”. Auf Grund des sehr fruchtbaren Gartenlandes an der sie zu dieser Zeit lag wurde die Straße dann in “Fruchtstraße” umbenannt. Am 5. April 1971 erhält sie dann den Namen “Straße der Pariser Kommune”, den sie noch heute führt.
Berlin O17